Samstag, 10. Mai 2008

Oldtimer und Weinprobe

Als wir gestern aus dem Internetcafe gegangen sind, haben wir uns gewundert, weil wir viele alte Autos die Strasse entlang fahren sahen. Wir sind dann Richtung Hauptplatz der Stadt gegangen und dort haben wir in der Ferne einen ganzen Pulk Menschen mit gleichen roten Jacken gesehen. Das hat uns natuerlich naeher interessiert. Als wir auf die Leute zugelaufen sind, hatten wir auch schon die alten Schmuckstuecke entdeckt. Wir waren mitten in die Ausfahrt des argentinischen Oltimer Clubs geraten und so standen feinsaeuberlich in einer Reihe ca. 30 alte Autos, eines toller als das andere. Nach 10 Minuten haben sich die Fahrer alle in ihre Autos gesetzt und die ganze Karawane hat sich aus der Stadt herausbewegt, natuerlich nicht ohne einen Abschleppwagen, falls einer den Geist aufgeben sollte. Gar nicht so abwegig, sahen wir doch fuenf Menschen einen der alten Gefaehrte mehrmals anschieben, bevor er wieder zum Fahren kam.
Anschliessend hatten wir so Hunger, dass wir uns auf die Suche nach einem Restaurant gemacht haben. Man muss dazu sagen, dass es ca. 18.45 Uhr war und wir haben die halbe Innenstadt durchgekaemmt, es gab einfach kein Restaurant, das offen hatte. Die Einheimischen essen hier in der Regel zwischen 21 und 22 Uhr, daher oeffnen die Restaurants fast alle erst um 20 Uhr. Als wir 30 Minuten mit knurrenden Maegen herumgeirrt waren, haben wir 2 Laeden gefunden, die um 19 Uhr aufgemacht haben: in dem einen waren wir am Dienstag, im anderen am Mittwoch und wir hatten eigentlich nicht so viel Lust auf eine Wiederholung. Nach langem Hin und Her haben wir uns dann doch noch einmal fuer die Pizzeria entschieden. Leider waren meine Noquis (die schreibt man hier wirklich so) und auch Flos gefuellte Nudeln mit Burgunder-Morchelsosse wieder mal absolut wuerzfrei, so dass auch Berge an Salz und Pfeffer keine Loesung waren, aber immerhin waren wir satt.
Das Restaurant war an sich sehr gemuetlich, doch wie immer wurde irgendwann der Fernseher so laut geschalten (es kam wieder einmal Fussball), dass wir freiwillig das Weite gesucht haben. Die Beschallung durch Fernseher und, falls solch einer mal ausnahmsweise nicht verfuegbar ist, durch Radio ist hier allgegenwaertig. Ich habe wirklich geglaubt, dass die Deutschen viel fern sehen, doch seit ich hier bin, weiss ich, das war ein Irrtum. Hier laeuft immer und ueberall die Flimmerkiste. In jedem Restaurant, in jedem Cafe, in jedem Bus, an jedem Bahnhof, in jedem Hostel, einfach staendig, dauernd und unausweichlich. Das Komische ist, dass die Menschen zu viert im Restaurant sitzen und alle schauen in die "Glotze", anstatt sich zu unterhalten. In Hotels oder Cafes laeuft die Kiste vor allem fuer den Mitarbeiter, der dort seinen Dienst tut und sich damit die Zeit zu vertreiben scheint. Natuerlich findet das Ganze auch immer in einer ungeheuerlichen Lautstaerke statt, damit man es nicht ueberhoeren kann. Mittlerweile haben wir die Theorie, dies dient dazu, uns beizubringen, die Umwelt komplett auszublenden, denn anders ist das nicht zu ueberstehen und ich muss sagen, wir werden darin immer besser. Bei den blutruenstigen Busfilmen taten wir uns wirklich schwer, denn dort hatten wir den Bildschirm einen Meter vor der Nase, doch es wird. Damit koennen wir der Dauerbeschallung auch etwas Gutes abgewinnen, denn diese Gabe zu haben, kann in Zukunft tatsaechlich hilfreich sein. Man hat den Eindruck, dass die Flimmerkiste dazu verwendet wird, die Menschen abzulenken. Sei es vom politischen Geschehen, ihren Problemen und zuletzt von sich selbst. Soviel zum Thema Fernsehen.
Die Nacht war abgesehen von dauerhaftem Hundegeklaeffe sehr angenehm, da wir den Ofen diesmal nicht bis zum Exzess geheizt hatten, sondern es wie die Hausherren gemacht hatten. Glut aus einem anderen Ofen in unseren Ofen geschaufelt, ein paar Holzscheite darauf und fertig. Das Holz brennt bei dieser Methode nicht, sondern gluet nur, was weniger heiss ist und laenger haelt.

Heute morgen haben wir nach einem leckeren Fruehstueck aus trockenen Keksen, die hier weit weniger trocken als in Tucumán sind, und den ersten knusprigen Medialunas unserer Reise zwei Fahrraeder gemietet. Gleich gegenueber gab es einen Fahrradverleih, der von einem sehr sympathischen, aelternen Herren betrieben wird, der laut Flo aussieht wie Meister Eder. Die Tatsache, dass er dabei war, ein Rad mit saemtlichem Geraet zu bearbeiten, liess uns darauf schliessen, dass er von Fahrraedern Ahnung hat und diese auch vernuenftig wartet, was wir bei den "Reiseagenturen" bezweifelten. So sind wir mit einer Karte bewaffnet aufgebrochen und haben den Weg aus dem Ort heraus auch schnell gefunden. Uns war zwar nicht ganz klar, wo wir hin wollten, doch die Richtung zu den Wasserfaellen, die 2,5 Std entfernt sein sollten, schien uns verlockend. Die Teerstrasse wurde schon nach den ersten hundert Metern durch eine Sand/Steinpiste ersetzt, auf der es alles andere als einfach war, mit den sehr guten Mountainbikes voranzukommen.
Die Tatsache, dass wir 3km permanent bergauf bei praller Sonne fuhren, hat das Vorankommen nicht gerade erleichtert. Nach 5x anhalten, Rad aus dem Sand schieben, stecken bleiben und nach Wasser ringen haben wir uns entschieden, von der Hauptpiste (auf der auch der Bus fuhr) abzubiegen. Wir haben einen kleineren Weg gewaehlt, der anfangs noch ca. 1,5m breit war, doch schnell schmaeler wurde. Wir haben uns immer weiter den kargen Bergen genaehert und sind durch eine wunderschoene Landschaft aus Sand, Steinen, Kakteen und weiteren Pflanzen gefahren, die so karg wie sie ist, faszinierend auf uns wirkte. Wenn man hier eines hatte, war es absolute Stille. Der krasse Gegensatz zur Fernsehbeschallung in der Zivilisation.
Nach weiteren 10 Minuten ueber Stock und Stein kam die erste Huette, in der unzweifelhaft Menschen in dieser Wildnis lebten. Von dort aus schien der Weg nicht mehr weiterzugehen. Ein Blick um die Ecke ueberzeugte uns dennoch, an einem Rinnsal entlang weiterzufahren. Doch hier war nach 50m Schluss, weil ploetzlich mitten im Weg die Kakteen standen. Wir haben uns dann entschieden, einen Weg quer durch die Wildnis zu suchen, der uns wieder auf die Strasse bringen sollte, die immer noch in Hoerreichweite war. Zuerst sah es noch so aus, als sollten wir schnell auf einen weiteren Weg kommen, doch es stellte sich heraus, dass das nicht der Fall war. Nachdem sich uns dann nur noch Kakteen und Stachelplanzen aus allen Richtungen aufboten, blieb uns nichts mehr anderes uebrig, als unser Radel zu schultern und ueber die Stacheln zu tragen. Gott sei Dank waren die Raeder wenigstens schoen leicht. Nach dem Klappern/Zischen einer vermeindlichen Klapperschlange und anschliessender Flucht, weiteren Schiebe-, Steckenbleib- und Tragestrecken haben wir wieder einen Trampelpfad erreicht, ueber den wir dann zurueck auf die Strasse kamen. Damit war klar, wir bleiben am besten auf der Schotter/Sandpiste, da diese noch angenehmer als die Stacheln sind. Nach einem weiteren Kilometer haben wir eine Abbiegung zu einer Bodega (Weingut) entdeckt, der wir auch gefolgt sind. Das Weingut lag direkt am Berg inmitten von vielen Weinfeldern, auf denen drei verschiedene Rebsorten angepflanzt werden. Dort hatte sich ein ganzer Bus voll aelterer Damen ein Essen samt Weinverkostung gegoennt, doch auch diese konnten wir inzwischen ausblenden:) Wir haben unsere leckeren Semmeln mit Kaese und Wurst im Schatten verspeist und als Nachspeise hatten wir es zum ersten Mal gewagt, Brotpudding in der Baeckerei zu kaufen. Sieht aus wie ein getraenkter Marmorkuchen und ist ausgesprochen lecker. Das wird wohl fuer die naechsten Tage meine bevorzugte Suessigkeit werden. Endlich mal was, was nicht pappsuess ist. Anschliessend haben wir zu zweit eine Fuehrung durch das kleine Weingut bekommen, das erst seit 7 Jahren besteht und in dem noch alles mit der Hand gemacht wird. Natuerlich alles auf spanisch, aber wir haben das meiste verstanden. Anschliessend durften wir den leckeren Wein auch kosten und der hat sogar mir als Nichtweintrinker geschmeckt. Ein weisser, der sehr fruchtig war und ein roter schwerer, der einen holzigen Geschmack hatte. Danach waren wir ganz schuen angedudelt, denn die Hitze hatte ihr uebriges getan.
Anschliessend konnte Flo nicht widerstehen, auf der Terasse noch ein Postre (Nachtisch) zu bestellen und das bekam er dann auch. Eine runde Spezialitaet von hier. Keks oben, Keks unten und dazwischen eine Masse, die eine Mischung aus geschlagenem Eiweiss und dem Zuckerrohrhonig, den es hier gibt, zu sein schien. Klebrig wie Moltofuell und megazaeh und: ultrasuess. Das war sogar Flo zu suess und das will was heissen. Das ganze war so pappig, dass der Loeffel waagrecht stecken geblieben ist. @Irene: dagegen ist Dulce di Leche ein Witz!
Leider hat unser Foto ein Problem und kann manche Bilder nicht anzeigen, so dass wir euch diese Leckerheit leider nicht zeigen koennen. Anschliessend haben wir den Rueckweg angetreten, sind ueber die Schotterpiste heimgehoppelt und haben die Raeder wohlbehalten abgegeben. Nur gut, dass wir das Reperaturset, das uns Meister Eder mitgegeben hatte, nicht gebraucht hatten, denn ob wir das haetten anwenden koennen, stellen wir beide in Frage. Nun tut der Hintern weh und wir werden morgen sicher nicht sitzen koennen, aber es war ein toller Tag. Morgen geht es weiter nach Salta und von dort aus mehr...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hi,

kann ich die Auflösung der Suchbilder haben? Meine Augen sind echt schlecht.
Werden heute die Grillsaison eröffnen.

Liebe Grüße
Biggi

Anonym hat gesagt…

Hallo Susi, hallo Flo,
wie ich lesen und sehen kann geht es Euch gut und Ihr habt viel Spaß. Ich freue mich über jedes neue Post von Euch.

Alles Gute weiterhin
Ingola