Sonntag, 25. Mai 2008

Uyuni und Potosi die Erste

Nachdem wir am Sonntag gegen 13.30 Uhr in Uyuni in Suedbolivien wieder in der Zivilisation angekommen waren, war eines schon klar: Bolivien ist ein sehr faszinierendes Land, das vor allem mit seiner unendlichen Weite beeindruckt. Wir haben in Uyuni schnell ein nettes Hotel direkt am Hauptplatz gefunden, an dem gerade ein Markt stattfand. Nachdem wir einen Megahunger hatten, haben wir schnell festgestellt, dass die Sandwisches, wie sie hier heissen, bei weitem nicht so lecker wie in Argentinien sind. Sehr pampig und fad. Naja, wird schon noch was anderes leckeres geben. Zuerst Geldwechseln: das ging gut, doch als ein Opa neben uns seine Bolivianos in Dollar tauschte (er sah nicht nach USA Turist aus), wurde uns schnell klar warum: die Inflation hier ist unglaublich. Bis man sich umschaut, ist das Geld nix mehr Wert, so dass die Menschen hier ihr Geld in US Dollars umtauschen, damit es noch was wert ist, bis sie es brauchen. Dann haben wir bei der Reiseagentur Colque Tours, mit der wir die Suedbolivientour gemacht hatten, nachgefragt, was man hier in Uyuni machen kann...dort hiess es: "Am besten in den naechsten Bus steigen und wo anders hinfahren". Eine sehr ehrliche Aussage. So haben wir im Reisefuehrer geschmoeckert und nach kurzem Ueberlegen einfach ins Blaue hinein entschieden, in Richtung Osten nach Potosi, eine Stadt in 6 Std (200 km) Entfernung, von der wir wenig wussten, zu fahren. Wir sind also los zum Busbahnhof, haben uns fuer insgesamt 50 Bolivios (5EUR) ein Ticket fuer den naechsten Morgen gekauft und das alles in ein paar Minuten. Mit dem Spanisch klappt es mittlerweile echt ganz gut, war echt stolz auf mich. Dann sind wir los Richtung Hauptplatz und wollten dort eigentlich ins Internet, doch nachdem dort echt viel los war, haben wir einfach den Trubel genossen. Wir haben an einem der vielen "Fressstaende" - die wir ja aus Asien kennen und so lieben - Kuchen und "Hamburguesas" gegessen. Der Hamburger ist hier eine Semmel gefuellt mit Pommes und klein geschnittenen fritierten Wuersten mit Salat/Tomate plus Ketchup/Mayo. Wer will, bekommt auch Hackfleisch und Ei. Und das ganze fuer 30 Eurocent, kann man sich nicht beschweren. Dann haben wir in der Ferne eine Masse an Menschen und Musik wahrgenommen und sind hingelaufen. Dort sind wir in einen "Wunschmarkt" geraten, auf dem die Hoelle los war. Mittlerweile wurde es dunkel und dort gab es wieder allerhand zu essen, vor allem Torten in allen Ausmassen und Spiele aller Art. Da gab es Bingo, Kartenspiele, Schiessen, Losen und man konnte symbolisch Haeuser, Geldbuendel, ua. Dinge der Art kaufen, die einem zu dieser Art von Glueck verhelfen sollten. Sehr spannend, doch ein unglaublicher Trubel, dem wir nach einer Stunde entflohen sind.
Was auf der Strasse auffaellt ist, dass es unheimich viele Kinder gibt. Die Frauen tragen die Kleinen alle auf dem Ruecken in ein buntes Tragetuch gelegt oder gesetzt. Man fragt sich zwar, wie diese Luft in dem Buendel bekommen, doch es scheint zu funktionieren. Die Frauen tragen alle Tracht, das heisst einen weiten sehr gerueschten knielangen Rock, der aussieht wie ein Pettycoat und dazu dicke Wollstrumpfhosen und Lamastulpen. Oben Bluse, Schuerze und einen deckenartigen Ueberwurf und auf dem Kopf einen runden, zylinderartien Hut. Sie haben alle lange schwarze Zoepfe mit schweren Perlengehaengen zusammengebunden.
Im Hotel angekommen, waren wir echt platt, die Dusche gab wieder mal kein warmes Wasser her, aber man gewoehnt sich ja an alles. Schlafen war in der durchgelegenen Matratze eher schwer, zumal die 1000 Stassenhunde die ganze Nacht Bellwettbewerbe durchgefuehrt haben, wenn gerade mal keine Autoalarmanlage quaekte.

Am naechsten Morgen haben wir am Busbahnhof schnell unseren klapprigen Bus entdeckt. "Very local", wie die Amis zu sagen pflegten. Das Gepaeck wurde aufs Dach geschnuehrt und es ging sehr puenktlich los. Die ca. 40 Plaetze waren alle belegt und zwar fast ausnahmslos von Einheimischen. Ausser uns gab es noch einen Deuschten und 3 Amerikaner. Die Sitze waren halbwegs breit, dafuer der Gang knalleng. Neben uns hatte eine Frau einen Sitz gebucht und das mit 3 Kindern. Den Saeugling immer auf dem Schoss, eine dicke Tasche zwischen den Fuessen und die beiden anderen Kindern sassen auf der Tasche, kaum vorstellbar, wie eng das war und sie fuhren 5 Std. Aber wie zu erwarten, waren die Kinder echt brav, die waren das gewoehnt. Kein Vergleich zu den deutschen verwoehnten Stepkes. Die Strecke war von Anfang bis Ende ein Acker und der Bus schaukelte und wackelte permanent. Nur gut, dass wir das mittlereweile gewohnt waren. Stops gab es alle paar Kilometer und Menschen stiegen ein und aus und stellten sich auf den mini schmalen Gang zwischen den Sitzreichen und zum Fahrer in die vordere Kabine. Alle mieften mehr oder weniger stark - meisst mehr - und hingen ueber unseren Sitzen. Die Zeit des Luxusbuses ist nun klar vorbei, Toilette gab es keine an Board. Wer musste, stieg mit aus und setzte sich an den Strassenrand und zwar im Affenzahn, da es der Fahrer echt eilig hatte. Wild pinkeln kann man hier echt perfektionieren. Die Strecke war atemberaubend schoen und wir konnten uns kaum an der Landschaft sattsehen. Die unendliche Weite war auch hier wieder da. Felsen in allen Farben und Formen. Abhaenge neben der Strasse gab es zuhauf, wo man besser nicht hinuntersah, zig Baustellen und kaum Doerfer. Und wie immer: keine Wolke am Himmel und das seit Wochen. Nach ca. 4 Std. wurde die Landschaft gruen und die Menschen bewirtschafteten Felder, was wir bisher im Andenhochland noch nicht gesehen hatten. Ein wenig spaeter kam auch schon ein grosser roter Berg in Sicht: der Cerro Rico, der quasi der Hausberg von Potosi ist.
Die Stadt Potosi ist die hoechste Stadt dieser Groesse der Welt (134.000 Einwohner, Hoehe 4070 m). Der Silberreichtum des Berges machte Potosí im frühen 17. Jahrhundert zu einer der größten Städte der Welt und auch heute ist die Stadt noch von dessen Silber- , Blei- und Zinnvorkommen abhängig. Das Klima ist den so genannten Kalttropen zuzurechnen: Die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten sind wegen der hohen Lage und dem trockenen Klima deutlich geringer als die zwischen Tag und Nacht (normalerweise zwischen 15 °C und 25 °C Unterschied), man findet also meist angenehm warme Tagestemperaturen, in der Nacht aber Werte, die selbst im Sommer um den Nullpunkt liegen. Potosí hat eine markante Regenzeit im Sommer, während der Wintermonate herrscht dagegen oft Wassermangel. Nur gut, dass wir gerade Winter haben und es in der Nacht wirklich bitterkalt ist. Die Stadt wirkt viel doerflicher, als die vielen Einwohner es vermuten lassen und das Leben spielt sich um den Hauptplatz ab. Wir haben uns bei der Ankunft ein Taxi geschnappt - Taxis verlangen hier unterschiedliche Preise, ja nachdem ob das Ziel der Fahrt bergauf oder bergab liegt - damit wir uns bei der Hoehe mit unseren Rucksaecken nicht gleich in den Kollaps begeben. Wir hatten schnell was gefunden, ein ehemaliges Frauenkloster mit dem Namen "Compañia de Jesus". Die Hausherrin Ruth ist schon in der halben Welt herumgereist und wir fuehlten uns bestens aufgehoben und das bei 110 Bolivianos (ca. 11 EUR) die Nacht. Am Abend sind wir "nur" noch schnell was essen gegangen und da haben wir echt Glueck gehabt. Wir wollten was Leckeres haben und so hat sich Flo ein Lomo bestellt und ich einen Versuch gewagt und "Trucha" bestellt in der festen Ueberzeugung, dass es sich dabei um Truthahn handelt. Auch kam mir die englische Uebersetzung nicht spanisch vor und als das Teilchen kam, war alles noch bingo. Nach dem ersten Bissen dachte ich schon, das schmeckt nach Fisch, beim zweiten sagte ich, das sieht auch aus wie Fisch und beim dritten Stochern fand ich auch die Graeten. HILFE. Ich habe eine starke Fischallergie und hab mir aus Versehen einen Fisch bestellt. Panik... Ich habe nachgefragt, ob mein Trucha auch wirklich ein Trucha oder ein Fisch ist, die Antwort war: ein Trucha. Na gut, ich habe mir mehr oder weniger erfolgreich eingeredet, dass das ein komischer Truthahn waere und ihn vorsichtshalber nicht weitergegessen. Nach einer Allergietablette und viel Einbildun und Ablenkung ging es wieder und ich kann echt sagen, dass ich ein Riesenglueck hatte, dass ich nicht so stark wie frueher reagiert habe, denn das haette Krankenhaus und Lebensgefahr bedeutet und das in einem Land wie Bolivien. Der Verzicht im letzten Jahrzehnt hat mich wahrscheinlich gerettet. Am naechsten Tag erst habe ich es gewagt, das Woerterbuch zu befragen: Trucha ist eine Forelle ... Soviel zum Thema. Nun werde ich also bei allem weiteren Neuen nachschauen bevor ich es esse oder verzichten. Unseren zweiten Tag in Potosi nutzten wir fuer Internet, Waesche waschen (diesmal ausnahmsweise in der Lavanderia, denn bei den Minusgraden gefrieren die nassen Klamotten hoechstens) und faulenzen. Mittags waren wir im Cafe "La Plata", das uns ein leckeres Essen und ein Wiedersehen mit zwei Franzosen aus Chile bescherte. Nachmittags sind wir im "Casa de las Monedas" gewesen, eines der bekanntesten Museen in Suedamerika, in dem die Geschichte der Muenzpraegung von Potosi aufgezeigt war. Potosi hatte frueher wie heute aufgrund des Klimas keine Landwirtschaft oder Viehzucht, so dass sie ausschliesslich von den oben erwaehnten Rohstoffen lebt. Nach Aussage des Fuehrers wurde in Potosí die erste Weltwaehrung von den Spaniern gepraegt. Abends haben wir dann eine Tour bei Koala Tours in die Minen fuer Mittwoch gebucht, da die Agentur im Reisefuehrer empfohlen war. Und: wir haben festgestellt, dass Pizza in Bolivien tatsaechlich schmeckt. Die Bolivianer scheinen im Gegensatz zu Argentinien Gewuerze zu kennen.

@Tommi: Wir haben nun kapiert, warum Du so vom Altiplano geschwaermt hast. Die Hochebene ist wirklich ein Traum, wenn auch die Kaelte und die Hoehe echt gewoehnungsbeduerftig ist.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

HI IHR ZWEI

ICH LESE ECHT MIT BEGEISTERUNG WAS IHR SO ALLES ERLEBT
UND MANCHES KANN ICH GUT VERSTEHEN
VON WEGEN DA ROBBEND DURCH DIE TUNNEL. ICH HAB BEI SO EINER HINDERNISBAHN FÜR TEAMS AUCH IN NER RÖHRE DEN RÜCKZUG ANGETRETEN. WAR ABER NICHT TRAGISCH.
HAB SEITDEM ÜBERALL BLAUE FLECKEN.
DIE FOTOS SIND GIGANTISCH.
WIESO KÖNNT IHR SO HOCH SPRINGEN?

ACH JA ICH LIEG DIE LETZTEN TAGE IM GARTEN RUM UND LESE UND GENIEßE DIE SONNE HIER IST DAS WETTER ECHT GEIL.
HATTE ICH ERWÄHNT DASS ICH DEN VORMALS EWIG KLÄFFENDEN NACHBARSHUND MIT LECKER WURST ZUR FREUNDIN GEWONNEN HABE. DIE PASST AUF UNS AUCH NOCH AUF.

GRÜßE BIGGI